Legende: Ein Film – Drei Versionen

Eigentlich erscheint Prinzessin Lili auf den ersten Blick jung und unschuldig. Sie streift spielend durch von Licht durchflutete Wälder, wo sie sich heimlich mit Jack treffen will. Jack, der im Wald lebt, hat ihr nämlich versprochen etwas Wunderschönes zu zeigen: lebende Einhörner. Eigentlich darf nur jemand, der ein reines Herz hat die sagenhaften Tiere sehen, doch Lili drängt den etwas zögerlichen Jack sie zu ihnen zu führen. Genau dies macht sich der Herr der Finsternis zu Nutze. Sein Ziel ist es die Einhörner zu töten, damit er mit deren Horn und Blut seinen größten Feind in die Knie zwingen will. Licht ist ein größter Feind und wenn keine Sonne mehr aufgehen würde, dann wäre er endlich der Herrscher über die Welt. Gezielt rechnet er mit der Eitelkeit von Lili, der es natürlich nicht genügt die Einhörner einfach nur zu sehen, sondern sie auch berühren will. Ein fatales Vorhaben, das alles in tödliche Gefahr bringt…

Nachdem Ridley Scott mit Die Duelisten und Alien große Kinoerfolge hatte und den finanziellen Flop von Blade Runner verkraftet hatte, wollte er erneut mit einer größeren Produktion aufwarten. Das Drehbuch von William Hjortsberg erschien ihn dafür genau geeignet. So wandte sich der englische Regisseur der märchenhaften Fantasy zu, was allerdings in Hollywood schwer an den Mann zu bringen war. Zwar hatte John Milius mit Conan The Barbarian eine kleinen Fantasywelle losgetreten, doch die war mit dem finanziellen Desaster von Krull relativ beendet worden. Dennoch wollte Scott nun einen großangelegten Fantasyfilm machen, wobei ihm natürlich Der Herr der Ringe am liebsten gewesen wäre. Aber Legend erschien ihm als bessere Variante für ihn.
 
Legende mischt verschiedenste Fantasy- und Märchenelemente zusammen, wobei die märchenhaften Elemente eindeutig im Vordergrund stehen. Dabei wollte Scott, wie so oft in seinen Filmen, alles so realistisch wie möglich darstellen, was aber oft an den damaligen technischen Möglichkeiten scheiterte. Dennoch weist der Film einige interessante Aspekte auf, die man heute oft durch aufwendige Computeranimationen bewerkstelligt. Mitte der 80er bediente man sich der bewährten Tricktechnik, die schon seit Jahrzehnten bemerkenswerte Effekte erzielt hatte. So gehört Tim Currys Make-Up als Darkness, geschaffen von Rob Bottin, immer noch ins Gedächtnis des modernen Effektkinos.
 
Bei der Wahl der Darsteller setzte Ridley Scott auf ein Konzept, das bereits bei Star Wars sehr gut funktioniert hatte. Er verpflichtete für die Hauptparts relativ unbekannte Darsteller, garnierte aber die Cast mit dem ein oder anderen bekannten Gesicht, wie beispielsweise schon den erwähnten Tim Curry, der vor allem als Frank’n’Furter aus The Rocky Horror Picture Show bekannt ist. Als Lili wurde die englische Schauspielerin Mia Sara (Birds of Prey) besetzt, während der männliche Part an den damals noch recht unbekannten Tom Cruise ging. Hinzu kamen noch namhafte Darsteller wie Alice Playten (I.Q.), David Bennent (Die Blechtrommel), Robert Picardo (Star Trek: Voyager) und Billy Barty (Time Bandits, Willow).
 
Hinter den Kulissen wurde ebenfalls nicht gekleckert. Legende hatte sich mittlerweile zu einer absoluten Großproduktion entwickelt, deren Kosten weiter stiegen. Gedreht wurde vor allem in der legendären 007 Stage in den Pinewood Studios, die man komplett in den Märchenwald des Films verwandelte. Doch der Dreh war vom Pech verfolgt, da ein Feuer die komplette Halle und die enthaltenen Dekorationen vernichtete.
 
Damit hatte die Pechsträhne allerdings noch kein Ende gefunden, denn nach Testvorführungen kamen Ridley Scott Zweifel am Erfolg des Films. Zu sehr steckte ihm noch der finanzielle Misserfolg von Blade Runner in den Knochen. Also wich er von seinem ursprünglichen Konzept ab und begann Legend komplett umzuschneiden, wobei rund zwanzig Minuten Laufzeit auf der Strecke blieben. Für den US-Markt fertige er sogar noch eine eigene Version an, bei der der atmosphärische Soundtrack von Jerry Goldsmith durch einen für die 80er Jahre typischen Synthi-Pop-Soundtrack der Gruppe Tangerine Dream ersetzt wurde. Ein Fakt, das Scott in seinem Audiokommentar zum Film später sehr bedauert hat.
 
Eben diese Unsicherheit des Regisseurs gegenüber seinem Werk war dann auch für das Versagen von Legende an der Kinokasse verantwortlich. Die kostspielige Extravaganz entwickelte sich zu einem der größten Flops der 80er Jahre. Zu süß, zu kitschig war das Endprodukt geworden, dem nun der Biss der ursprünglichen Fassung komplett fehlte. Für Scott bedeute der erneute Flop den Beginn einer Durststrecke, die erst mit Black Rain (1989) enden sollte. 1991 meldete er sich mit Thelma & Louise eindrucksvoll zurück, überzeugte mit dem Mammutwerk 1492 und zeigte mit Gladiator, dass auch im modernen Hollywood noch Monumentalfilme im klassischen Stil möglich sind.
 
Einige Zeit vorher wandte sich der englische Regisseur auch wieder seinen älteren Film zu. Vor allem nachdem Anfang der 90er Jahre von Blade Runner eine Schnittfassung auftauchte, die sich deutlich von der alten Kinoversion unterschied. Durch den Erfolg hat Scott Lunte gerochen, denn seitdem erscheinen in schöner Regelmäßigkeit zu seinen neuen und alten Filmen Director’s Cuts wie beispielsweise zu Alien oder Königreich der Himmel. Auch für Legende wollte er eine Neufassung schaffen, doch sein ursprünglicher Cut schien für immer verloren.
 
Heute weiß man oft nicht, was in einem großen Filmarchiv alles schlummern kann. Der Fund einer relativ kompletten Fassung von Metropolis in einem argentinischen Lager oder die Entdeckung von Orson Welles Too Much Johnson zeigen, dass man da nie ganz sicher sein kann. Im Jahr 2000 wurde eine sogenannte „Nullkopie“ von Legend gefunden, bei der es sich um komplett bearbeitete 115minütige Ursprungsversion handelte. Diese bildete die Basis für eine massive Restauration des Films und seine vorliegende Schnittfassung.
 
Der Director’s Cut unterscheidet sich nicht nur durch die wesentlich längere Laufzeit von den beiden Kinoversionen, sondern auch durch einen weitaus schlüssigeren Verlauf der gesamten Story. Gleichzeitig wird auch der enorme Aufwand sichtbar, den Scott betrieben hat, um sein ultimative Märchenvision zu schaffen. Er bietet dabei alle visuellen Qualitäten, die alle seine Filme bisher ausgezeichnet haben; auch wenn die Story immer noch ihre Schwächen hat.
 
Legende gibt es insgesamt in drei verschiedenen Schnittfassungen. So hat die europäische Version eine Laufzeit von 94 Minuten, während die amerikanische nur 89 Minuten dauert. Die US-Kinofassung wartet dabei auch mit alternativem Bildmaterial auf, das in keiner der anderen Versionen zu finden ist. Der Director’s Cut hat eine Länge von 113 Minuten, wobei dieser definitiv jene Fassung  ist, die allen anderen vorzuziehen ist. Wie oben schon erwähnt wirkt die Story in sich schlüssiger und besitzt ein sehr interessantes Ende, das einiges über die Herkunft von Jack verrät.
 
Bereits 2002 hat Universal Home Entertainment eine sogenannte Ultimate Edition des Streifens auf DVD veröffentlicht. Das Doppel-Set enthielt sowohl die amerikanische Version als auch den Director’s Cut. Im Mai 2011 kam dann die Veröffentlichung des Sets auf Blu-ray, wobei man einigen Aufwand bei der Restaurierung der Fassungen vorgenommen hat. Im März 2012 erfolgte dann das Release in Europa durch 20th Century Fox Home Entertainment. Auf der Blu-ray ist die europäische Version und der Director’s Cut enthalten.
 
Beide Blu-ray-Releases haben, zumindest beim Director’s Cut das gleiche Master. Bereits beim Start der Langfassung wird auf das Ausgangsmaterial aufmerksam und seine möglichen technischen Mängel aufmerksam gemacht. Dennoch ist das Ergebnis für einen Film aus den 80ern bemerkenswert. Kontrast und Schwarzwerte können überzeugen. Die Farben sind sehr kräftigt, was sich vor allem bei dem intensiven Rot der Haut des Herrn der Finsternis zeigt. Ebenfalls erfreulich ist der Detailreichtum. Die aufwendigen Kostüme kommen sehr gut zur Geltung. Ein richtiges Highlight sind die Sequenzen im unterirdischen Reich von Darkness, die sehr überzeugend rüberkommen. Stellenweise ist leichtes Filmkorn zu bemerken. Auch die Schärfe ist etwas wechselhaft, aber bewegt insgesamt auch auf hohem Niveau.
 
Der Director’s Cut liegt in beiden BD-Veröffentlichungen nur in Englisch vor. Dafür wartet er aber mit einer räumlichen DTS Master Audio-Abmischung auf, die man von einem so alten Film eigentlich nicht erwartet hätte. Bidirektionale Toneffekte sind wahrnehmbar, aber es ist vor allem der geniale Soundtrack von Jerry Goldsmith, der dem ganzen noch den letzten Glanz verleiht.
 
Die europäische Kinofassung liegt in einer etwas besseren Qualität vor. Das Master von Fox überzeugt durch etwas mehr Schärfe. Ansonsten zeigt sie die gleichen Qualitäten wie der D.C. Bei der amerikanischen Blu-ray liegt der Film in einer geringfügig schlechteren Version als der D.C. vor, wobei die Mängel nur minimal sind.
 
Sowohl Fox als auch Universal haben Legende auf einer BD veröffentlicht. Die Fox-Version beinhaltet außer der Langfassung und einem Trailer keinerlei weitere Extras. Die ganzen anderen Specials der Universal-Version haben es leider nicht nach Europa geschafft. Es handelt sich dabei hauptsächlich um jene, die schon bei der DVD-Veröffentlichung dabei waren. Der Audiokommentar von Ridley Scott ist sehr aufschlussreicht, auch weil er ganz offen zugibt nicht auf seinen Instinkt bei der letztendlichen Kinoveröffentlichung gehört zu haben. Es gibt ein sehr ausführliches Making of, das mit seiner Informationsflut fast alles Fragen zum Film abdeckt. Hinzu kommen noch Deleted Scenes und ein alternativer Anfang. Am Ende stehen noch ein isolierter Musiktrack für die amerikanische Kinoversion sowie ein Musikvideo von Bryan Ferry.
 
Für Sammler und Filmfreunde sind beide BD-Veröffentlichungen auf jeden Fall interessant. Sowohl die Fox als auch die Universal-BD sind regionfrei, laufen also auf jedem Player ohne Probleme. Wer allerdings auf die sehr interessanten Specials nicht verzichten möchte, kommt an der US-BD nicht vorbei. Ansonsten kann man sich auch mit der europäischen Version begnügen, da diese immerhin endlich den Director’s Cut bietet. Dieser ist auch auf jeden Fall jeder Kinoversion vorzuziehen. Sehr empfehlenswert.
 
 
US-Blu-ray:
Legend: Ultimate Edition
Originaltitel: Legend
Regie: Ridley Scott 
Darsteller: Tom Cruise, Mia Sara, Tim Curry, David Bennent, Alice Payten, Billy Barty, Cork Hubert, Robert Picardo, u.a. 
Region: Region A, B, C 
Bildformat: 2.35 : 1 (anamorph) 
Ton/Sprachen: Englisch (DTS-HD Master Audio 5.1) 
Special Features: Director’s Cut, US-Version, Making of, Audiokommentar, Deleted Scenes, Fotogalerien, Storyboards, Musicvideo, Trailer, TV-Spots, u.v.m. 
Blu-ray erscheinen bei Universal Home Entertainment im Jahr 2011 

 

Deutsche Blu-ray:
Legende 
Originaltitel: Legend 
Regie: Ridley Scott 
Darsteller: Tom Cruise, Mia Sara, Tim Curry, David Bennent, Alice Payten, Billy Barty, Cork Hubert, Robert Picardo, u.a. 
Region: Region A, B, C 
Bildformat: 2.35 : 1 (anamorph) 
Ton/Sprachen: Englisch (DTS-HD Master Audio 5.1), Deutsch, Französisch, Italienisch, Spanisch
(DTS 5.1), Türkisch (DD 2.0), u. a. 
Special Features: Trailer, Director’s Cut 
Blu-ray erschienen bei 20th Century Fox Home Entertainment im Jahr 2012